Im August 2021 ist eine neue Auflage von Gerd Kommers Buch "Kaufen oder mieten?" erschienen. Der Geldanlage-Experte zeigt darin wieder seine Akribie und löst seinen Anspruch ein, die empirisch und wissenschaftlich fundiertesten Investment-Ratgeber zu verfassen.
"Kaufen oder mieten?" von Gerd Kommer: Ein Standardwerk zur Klärung einer der grundlegendsten Lebensfragen
Gerd Kommers Bücher haben mit den Menschen gemein, dass sie im Laufe der Zeit an Leibesfülle zunehmen. So geschah es bei "Souverän investieren mit Indexfonds und ETFs" und so ist es auch jetzt mit der Werbung neuen Auflage von "Kaufen oder mieten?" passiert. Bestand das Buch vorher aus 244 Seiten Text, sind es nun bis zur Danksagung 285. Kommer hat sich aber nicht nur volumenbezogen, sondern ebenso qualitativ, strukturell und gefühlt auch sprachlich selbst übertroffen.
Die neue Auflage bietet, wie es für Kommer üblich ist, aktualisierte Daten. Das ist deshalb spannend, weil die Analysen jetzt weitere Jahre des anhaltenden deutschen Immobilienbooms berücksichtigen. Das ändert zwar nichts an den Grundaussagen des Buches, die ich in einer früheren Rezension bereits dargestellt habe. Aber sie zeigen doch, dass es längere Phasen geben kann, in denen eine eigene Immobilie zur Selbstnutzung der alternativen Variante "Miete + ETF-Weltportfolio" hinsichtlich der Rendite überlegen ist. Meistens allerdings ist das nicht der Fall und der Autor sagt zudem ganz klar: Das Eigenheim ist risikoreicher und sollte deshalb zuverlässig deutlich höhere Renditen bringen. Und genau das tut es nach wie vor nicht.
Darüber hinaus findet man die Ergebnisse neuerer Studien und Kommer widmet sich früheren Themenfeldern offenbar intensiver. Das betrifft vor allem die "kaum oder nicht quantifizierbaren Argumente in der Kaufen-oder-Mieten-Abwägung" und das "in die Zukunft gerichtete Nachdenken über Kaufen oder Mieten".
Der neuen Auflage gutgetan hat eine Überarbeitung der Struktur, die sich jetzt viel stärker an den wichtigen Parametern der Entscheidung orientiert: Rendite, Risiko, wirtschaftliche Aspekte jenseits dieser beiden, Steuerliches, weitere, zum Beispiel emotionale Belange sowie Zukunftsaussichten.
Meine Lektüre der früheren Auflage ist einige Jahre her, daher steht mein Lob für die lebendigere Sprache auf schwachen Beinen. Ich hatte aber zumindest den Eindruck, dass es sich weniger trocken und deutlich eingängiger liest als vorher - wobei es natürlich nach wie vor nicht der Unterhaltung dient. Nachdenken ist gefordert, Reflexionsarbeit, was der Stil des Buches untermauert. Das ist zum einen dem Thema geschuldet und zum anderen wohl dem Temperament des Autors, dessen öffentliche Auftritte alle im nüchternen Tonfall einer satten Seriosität daherkommen.
Fazit: Ungebrochene, sogar noch verstärkte Lese-Empfehlung
Wie jeder passive ETF eng an seiner Benchmark liegen sollte, ist jedem Immobilienratgeber zu empfehlen, eng an der Benchmark zu liegen, die dieses Buch darstellt. Das leisten wohl die wenigsten, sodass man hier wie so oft von einem positiven Nachteil sprechen kann: Die Lektüre eines Buches von Kommer verleidet einem die Lektüre der meisten anderen desselben Genres.
Also, ein großer Wurf. Kein Eigenheimer mit einer nach ehrlicher Berechnung wenig berückenden Performance kann jetzt noch sagen, er habe nichts gewusst.
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