Seit meiner ersten Begegnung mit einem Pressedienst-Anbieter bin ich ein großer Freund dieser effizienten Form der Verbraucher-Medienarbeit. Hier eine Liste mit Anbietern. Und ein paar Gedanken zu dieser sehr soliden PR, die in heutigen Zeiten manchmal etwas in Vergessenheit gerät.
Anbieter von Pressediensten
Auf die Schnelle habe ich folgende Anbieter gefunden. Bei einigen gibt es zusätzliche Materndienste, bei anderen scheinen Pressedienste als Materndienst bezeichnet zu werden, und wieder andere schmücken sich - nicht unberechtigt - mit dem Namen "Content Marketing".
Die Links führen zu den jeweiligen Anbietern. Wenn ein Anbieter fehlt, schreiben Sie ihn mir gerne in die Kommentare.
Für die Qualität der Anbieter verbürge ich mich natürlich nicht, ich spreche mit der Liste keine Empfehlung aus und ebensowenig mache ich mir die Inhalte der Websites zu eigen - trotzdem markiere
ich die Liste, da verlinkt zu den Anbietern, als Werbung, obwohl ich kein Geld erhalte.
Werbung
Was ist ein Pressedienst?
Erklärungsbedürftige oder nachrichtenwertlose B2C-Marken und -Produkte werden zu geringen Kosten mit redaktionell relevanten Themen ausgestattet und erscheinen reichweitenstark in der Berichterstattung von Medien, die sich an Endverbraucher richten, ohne für die Veröffentlichung zu bezahlen - das leisten Pressedienste. Mediendienste wäre der richtige Name, denn es gibt sie nicht nur für Print, sondern auch für Radio, TV (soweit ich weiß) und Online pur.
Abzugrenzen sind sie von Materndiensten. Manche Anbieter haben beides im Portfolio, es sind aber verschiedene Leistungen:
Materndienste bezahlen für entsprechend gekennzeichnete Anzeigenplätze und füllen sie mit Advertorials. Obwohl auch content-lastig, dreht sich hier doch alles von Anfang an ums Produkt, es gibt Packshots und Fettungen des Produktnamens, der oftmals auch in Versalien gedruckt wird. Die Zielauflage erreichen sie binnen weniger Wochen, sie ist, wie bei Werbung typisch, kontrollierbar. Aber eben teurer und weniger glaubwürdig sowie in der Regel weniger interessant für den Adressaten.
Pressedienste bereiten hingegen ein Thema zu der Produkt- oder Marken- oder anderweitigen PR-Botschaft auf, das redaktionelle Relevanz besitzt, und bieten es den Journalisten an. Diese entscheiden, ob der Content so gut ist, dass sie ihn für ihre Berichterstattung im Rahmen des Verbraucherjournalismus verwenden.
Mindest-Auflagen von 1 Million sind nicht nur keine Seltenheit, sondern werden meistens sogar garantiert. Viele der Veröffentlichungen erscheinen in Anzeigenblättern. Anzeigenblätter sind der drittumsatzstärkste Werbeträger Deutschlands und ein bei Jung und Alt intensiv rezipiertes Medium mit einer sehr hohen Akzeptanz von werblichen Aussagen bei der Nutzerschaft - die Leser scheinen eine echte Lust auf Werbung zu haben. Der Einzelhandel wirbt dort viel, weil er weiß, dass das, was am Mittwoch im Anzeigenblatt beworben wird, am Samstag abverkauft ist. Anzeigenblätter machen die Regale leer. (Wer wagt es jetzt noch, von "Käseblatt" zu sprechen?)
Wenn das zu kommunizierende Produkt attraktiv oder erklärungsbedürftig genug ist - etwa beim Tourismus -, handeln die Texte und Bilder oft direkt davon. Geht es aber um aus journalistischer Sicht langweilige oder um (aus rechtlicher Perspektive schwer zu bewerbende) OTC-Produkte, ummantelt der Pressedienst sie auf ca. 2.500 Zeichen mit einem verbrauchernahen Nutzwert-Thema, packt ein (Stock-)Foto dazu (keine Produkte!) und stellt es seinem Journalisten-Netzwerk zur Verfügung, meistens über eine Website, auf die registrierte Journalisten Zugriff haben. Radiodienste arbeiten ähnlich, nur eben im Audio-Bereich, was trotz höherer Komplexität ebenfalls leicht von der Hand geht.
Wer schon Evergreen-Content besitzt, der kann darüber nachdenken, ihn mit wenig Aufwand in Pressetexte umzuschreiben, sich darin zu positionieren (z. B. als Experte von der Firma XY, der ein fachkundiges Zitat beisteuert) und sie den Medien selbst anzubieten. Damit lassen sich - ausreichende Content-Qualität, etwas Glück, Können und Kenntnisse der deutschen Medienlandschaft sowie schlicht die zahlreichen Kontaktdaten vorausgesetzt - Reichweitenraketen zünden, die nur wenige zusätzliche Kosten verursachen, da der Content ja bereits vorhanden ist.
Welche Vorteile hat die Verbraucher-Medienarbeit einer klassischen PR-Agentur gegenüber der eines Pressedienstes?
Pressedienst | Klassische PR-Agentur |
Fast nur lokale Printmedien und ggf. ihre Digitalportale: Anzeigenblätter, Tageszeitungen, Amtsblätter. Sie sind auch nicht unbedingt vollständig. | Mehr Reichweitenpotenzial 1: Alle Lokalmedien sowie überregionale, darunter z. B. auch Illustrierte, Boulevard, Webseiten von Radiosendern, Blogs. Es besteht zudem die Chance, in die Verteiler von Nachrichtenagenturen aufgenommen zu werden. |
Viele geben zwar eine Auflagengarantie, begrenzen die Auflage pro Kampagne aber auch nach oben. So deckeln sie die Reichweite. | Mehr Reichweitenpotenzial 2: Üblicherweise kann eine PR-Agentur die Reichweite eines einmal versendeten Content Pieces nicht begrenzen - und normalerweise will der Kunde das ja auch nicht. |
Der Kunde ist in einem großen Topf mit vielen anderen und erhält daher keine große Aufmerksamkeit bei Journalisten, kann also kaum eine eigene Beziehung zu den Redaktionen aufbauen. Die Beziehung bleibt zwischen Pressedienst-Anbieter und Journalist. | Aufbau guter Journalistenkontakte: Kümmert sich pro E-Mail und Anruf in der Regel um einen einzigen Kunden, wodurch dieser eine größere Aufmerksamkeit bei Journalisten erhält. So wird eine eigene Straße gepflastert, der Kunde prägt sich den Redaktionen besser als guter Content-Lieferant ein. |
Normalerweise nicht skalierbar: 1 Kampagne = 1 Content Piece. Will der Kunde mehrere Content Pieces verbreiten, muss er für jedes einzelne denselben Betrag extra bezahlen |
Geringere Reichweitenkosten bei Content-Paketen: Die PR-Agentur kann skalieren, indem sie mehrere Content Pieces pro Kampagne als Paket verbreitet. Diese Kampagnen kosten zwar ebenfalls mehr als die mit einem einzigen Content Piece, jedoch nicht proportional. Die Verbreitungskosten pro Content Piece sinken also. Da jedes Piece grundsätzlich dasselbe Reichweitenpotenzial hat, sollte sich der TKP reduzieren - gute Inhalte und auf ca. 5 Content Pieces begrenzte Kampagnen vorausgesetzt. Die Zahl ist nur eine Faustformel. Ist sie deutlich höher, drohen die Themen unterzugehen. |
Kein oder nur stark eingeschränktes lokales Targeting möglich |
Lokales Targeting möglich: Bis auf Einzeltitelebene realisierbar. |
Ausschließlich eher aufmerksamkeitsschwächere Veröffentlichungen: Kleinere Beiträge, oft mit kleinem oder ohne Bild publiziert, im Durchschnitt auf weniger stark frequentierten Plätzen im Medium |
Wenn das Thema (idealerweise auch das Bildmaterial) sich sinnvoll mit einem lokalen Bezug ausspielen lässt, kann eine PR-Agentur im Durchschnitt größere Beiträge auf
stärker beachteten Plätzen erzielen.
Das ist für Filialisten interessant, die ihre Geschäfte vor Ort stärken wollen, und generell für jedes Unternehmen, das seine VÖ-Wahrscheinlichkeiten steigern sowie die Berichte in den Lokalmedien vergrößern will. |
Die Pressedienste, oft gut geölte, etablierte Maschinen, werden von PR-Agenturen häufig für ihre Kunden beauftragt. Trotzdem kann es sich aus den genannten Gründen lohnen, Verbraucher-PR mit klassischen PR-Agenturen zu betreiben, sofern die Agentur ihr Handwerk versteht und das Quäntchen Glück hat, das bei der Medienarbeit immer dazugehört.
Journalisten suchen ihre Inhalte nicht nur deshalb bei den Pressediensten, weil diese guten Content liefern, sondern auch, weil es effizient ist: Viele Inhalte zu zahlreichen Themen an einem Ort von einem einzigen vertrauten Partner in brauchbarer Aufmachung.
Um dagegen zu bestehen, braucht es vor allem einen sehr großen Nachrichtenwert. Je größer dieser ist und ggf. je mehr Vorarbeit bei der Content-Produktion sogar bereits geleistet wurde - etwa im Rahmen von Content-Marketing-Maßnahmen -, desto eher kann eine klassische PR-Agentur die Reichweitenkosten der Pressedienste unterbieten.
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Heinz Stanelle (Freitag, 26 Juli 2019 16:33)
Klassische PR-Agenturen, die die Reichweitenkosten von Pressediensten unterbieten wollen , hat es immer schwerer. Auch Pressedienste haben sich weiterentwickelt und verfügen konzeptionell über direke Kontakte zu Nachrichtenagenturen, sind gut in alle Richtungen vernetzt aufgestellt und können ihre Themen jederzeit neutral mit hohem und mittlerem News-Wert ständig absetzen und veröffentlichen.
Fakt ist doch, dass die meisten Pressemitteilungen, due nur einmal versendet werden, für eine Berichterstattung von klassischen PR-Agenturen von den Redaktionen überhaupt nicht ausgewertet werden können. Wenn sie dem redaktionellen Standard und weiteren Anforderungen an den ständigen Medienwandel nicht entsprechen, - auch Verlage wollen Geld verdienen , gibt es für klassische PR-Arbeiter logischerweise auch immer weniger Belegnachweise, um die eigene Leistung gegenüber dem Kunden zu verkaufen und zu dokumentieren.