Im Folgenden zeige ich eine einfache Überschlagsrechnung, mit der Sie die Reichweite Ihrer Online-Clippings für Ihr PR-Reporting besser einschätzen können.
Wenn es darum geht, die Reichweite eines Online-Clippings in Publikumsmedien zu bestimmen, erhält man oftmals keine guten Zahlen. Häufig werden in der Medienbeobachtung verlegenheitshalber schlicht die monatlichen Visits des gesamten Portals angegeben, auf dem die Veröffentlichung stattfand.
Das ist natürlich kein Maß für die Reichweite des einzelnen Artikels und nicht einmal eine gute Kennzahl, um den eigenen Erfolg über einen längeren Zeitraum zu vergleichen. Denn neben der reinen Bruttoreichweite des News-Portals spielt es eine enorme Rolle, wie viele Artikel darauf erscheinen und wo der Artikel mit Ihrer PR-Botschaft wie lange stand.
Reichweite eines Online-Clippings: 15 % der monatlichen Page Impressions / Anzahl der monatlichen Artikel
So erhalten Sie eine grobe Einschätzung der Reichweite Ihrer digitalen Veröffentlichungen auf Fremdportalen im Rahmen Ihrer PR-Aktivitäten: Von den gesamten monatlichen Page Impressions des Portals ziehen Sie 85 % ab.
Begründung: Diese entfallen auf Evergreen-Artikel und interne Content-Promotion für ältere Artikel (das Archiv, zu dem Ihr Artikel evtl. auch bald gehört, was wir aber unberücksichtigt lassen), auf Bildergalerien und sonstige Klickschindereien. Darüber hinaus ist die Verteilung der Reichweite pro Artikel sehr ungleich - vermutlich werden Sie meistens in der Masse der eher dünnblütigen Artikel vorkommen. Die Mehrheit Ihrer Clippings werden mittelwichtige News sein, die nach etwa 10 Tagen kaum noch Traffic generieren. Sollten Sie es in eine Langzeit-News geschafft haben, die die Redaktion regelmäßig aktualisiert, ist wohl etwa 50 Tage nach Veröffentlichung Schluss, typisch sind Gerüchte zu Produktlaunches: Die Redaktion berichtet zum Beispiel einige Wochen davor; danach bringt die News noch 10 Tage signifikanten Traffic.
15 Prozent der Page Impressions pro Monat geteilt durch die Anzahl der neuen Artikel pro Monat ergibt einen ungefähren Näherungswert für die Reichweite Ihrer Online-Veröffentlichung.
Man weiß danach, wie viele Page Impressions ein Artikel erhält. Da man davon ausgehen kann, dass niemand einen Artikel doppelt liest, können wir diese Zahl mit der Anzahl der Personen, die ihn gelesen haben, gleichsetzen. Wenn ein Artikel aufgerufen wird, dann in den meisten Fällen von unterschiedlichen Personen.
Natürlich ist dieser Wert nicht mehr als eine grobe Annäherung. Trotzdem ist dies eine brauchbare, einfache Indikation zur tatsächlichen Reichweite Ihrer digitalen Sichtbarkeit auf fremden Newsportalen, auf deren Analytics-Tools Sie keinen Zugriff haben und über die Sie nichts weiter erfahren können.
Anzahl der Page Impressions herausfinden
Die Page Impressions finden Sie
- in den Mediadaten des jeweiligen Mediums
- bei der IVW (Nutzungsrechte beachten)
- als Schätzwert bei Similarweb
Hier müssen Sie die Visits mit den Page Impressions pro Visit multiplizieren.
Anzahl der Artikel pro Monat ungefähr bestimmen
Falls Sie die Anzahl der Artikel pro Monat nicht ermitteln können (was der Regelfall sein dürfte), dann rechnen Sie mit folgenden Werten - für die wieder gilt: sehr grobe, aber wohl im Schnitt konservative Näherung (= Artikelanzahl zu hoch angesetzt), trotzdem brauchbar für klassische Medien (für Blogger wiederum dürften andere Werte gelten):
Monatliche Portal-Visits | Artikel pro Monat |
< 0,1 Mio. | 50 |
0,1 - 0,5 Mio. | 250 |
0,5 - 1 Mio. | 500 |
1 - 2,5 Mio. | 750 |
2,5 - 10 Mio. | 1.000 |
> 10 Mio. | 1.250 |
Es kommen also im Regelfall jeweils ein paar tausend tatsächliche Artikelviews pro Clipping dabei heraus, zumindest bei den großen Playern. Ist die Artikelzahl sehr gering, kann man sie häufig sogar schnell manuell zählen, um einen guten Durchschnittswert zu erhalten.
Näheres zur Bestimmung der Reichweite eines Online-Clippings haben die Spezialisten von Echobot in einem Whitepaper dargestellt.
Ausnahme: Ihr Clipping im automatischen Newsticker einer Nachrichtenagentur
Glückwunsch, wenn Sie es mit Ihrer Botschaft in den Verteiler einer Nachrichtenagentur wie der dpa geschafft haben - das bringt Ihnen eine enorme Reichweite, vor allem in Print und eventuell auch anderen klassischen Kanälen.
Viele Nachrichtenportale veröffentlichen die Meldungen von vertrauenswürdigen Nachrichtenagenturen automatisch auf ihrer Website. Das geschieht natürlich nicht an prominenter Stelle, diese Plätze sind der redaktionellen Auswahl vorbehalten. Meistens befinden sie sich unter "Newsticker", "Schlagzeilen" oder ähnlichen Bezeichnungen, nicht selten als einfache Liste mit kleinen klickbaren Überschriften.
Sie können davon ausgehen, dass auf diese Weise monatlich rund 10.000 Artikel zusätzlich erscheinen, die insgesamt einen sehr geringen Anteil am Traffic der Website auf sich vereinen. Ist Ihre Botschaft also ausschließlich dort publiziert, funktioniert es nicht, einfach die angenommene Artikelanzahl um diesen Wert zu erhöhen und die Rechnung wie oben dargestellt durchzuführen. Das wäre zu optimistisch.
Eine echte Lösung habe ich dafür nicht, aber da wir uns hier ohnehin im winzigen Reichweitenbereich befinden, gerade auch im Vergleich zu den Werten, die Sie durch eine Meldung über die Nachrichtenagenturen in den klassischen Kanälen erzielen, ist der sehr dicke Daumen zur Peilung erlaubt:
Monatliche Portal-Visits | Reichweite |
< 10 Mio. | 200 |
> 10 Mio. | 300 |
Richtig gelesen: Ich denke, dass pro Portal lediglich zwischen 200 und 300 Menschen Ihre News wahrnehmen, wenn sie ausschließlich im automatisierten Newsfeed der Nachrichtenagenturen erscheint.
Unter der Annahme, dass 5 % der monatlichen Page Impressions auf die ca. 10.000 Newsfeed-Artikel entfallen, was meines Erachtens sehr optimistisch ist, stoßen Sie in solch kleine Dimensionen vor.
Wenn Ihr Clipping auf der Startseite des Mediums verlinkt ist
Befand sich Ihr Clipping auf der Homepage (Startseite) des Mediums, dürfen Sie zu der mit obiger Formel errechneten Reichweite weitere Reichweite addieren, da die Startseite bei den journalistischen Medien eine große Aufmerksamkeit erhält und entsprechend auch mehr Menschen den Artikel mit Ihrer PR-Botschaft geklickt haben.
Sie führen also oben stehende Rechnung durch und ergänzen den Wert um das Ergebnis aus folgender Rechnung:
-
Prozent der Zeit, die ein Artikel in einem Monat auf der Startseite war.
Beispiel: 1 Tag Startseite = 1/30 des Monats = 3,33 %. 3,33 % des monatlichen Startseiten-Traffics, gemessen wieder in Page Impressions, entstanden zu einer Zeit, als Ihr Artikel dort stand.
-
Verortung des Artikels: An welcher Stelle der Startseite stand er?
Der Traffic für die einzelnen Artikel dürfte auf der Startseite sehr ungleich sein. Deshalb nehme ich folgende Verteilung an:
- Erste 10 Haupt-Beiträge: 60 % des Traffics
- Nächste 15 Haupt-Beiträge: 30 % des Traffics
- Rest (bei unendlichem Weiterladen: bis zum ersten Weiterladen): 10 % des Traffics
Haupt-Beiträge sind die mit der großen Überschrift. Manche Medien verlinken unter denen andere, oft ältere Artikel, die zu dem Thema passen - die ignoriere ich, da die Verlinkungen im Regelfall nur sehr kleine Schriftgrößen aufweisen. Genauso ignoriere ich den Traffic, der gar nicht weitergeführt wird, da ich glaube, dass dieser verschwindend gering ist. Den Startseiten-Traffic finden Sie ebenfalls bei der IVW oder (hoffentlich) in den Mediadaten des jeweiligen Mediums.
-
Traffic für die Gruppe, zu der der Artikel gehört / Anzahl der Artikel in der Gruppe = Zusätzliche Reichweite des Artikels
Bei den ersten beiden Gruppen ist die Anzahl der Artikel klar (10 und 15), bei der dritten müssen Sie zählen.
Diesen Wert addieren Sie nun zu dem aus der obigen Rechnung, um die Reichweite Ihres Artikels zu erhalten - sehr grob geschätzt auch hier, aber plausibel und als Faustformel realistisch. Durch eine Integration im oberen oder mittleren Teil der Startseite eines großen Mediums dürfte sich die Reichweite Ihrer PR-Botschaft im Regelfall drastisch erhöhen.
Fazit für Online-Media-Relations
Die große Reichweite erzielt man mit Online-Media-Relations nicht. Sie sind diesbezüglich eher ein Goodie. Für die Reputation hingegen sind Online-Clippings hochrelevant: Selbst wenn gar nicht alle Artikel aufgerufen werden, beeindruckt es die User, wenn sie bei einer Suche viele Erwähnungen in zahlreichen renommierten Medien sehen.
Was Sie neben Ihrer klassischen News-PR online machen können: Versuchen Sie, es in die Evergreen-Artikel der Online-Medien zu schaffen. Damit bekommen Sie mehr Reichweite, die sich über einen
langen Zeitraum erstreckt. Das ist überwiegend zeitunabhängiger Ratgeber-Content, der langfristig nachgefragt wird. Liefern Sie also wertvolle Ergänzungen zu bestehenden Help-Stücken oder
schlagen Sie neue vor. Natürlich können Sie diese Ratgeber-Pieces zusätzlich auf Ihrer eigenen Website veröffentlichen. Ich habe das noch nicht getestet, kann mir aber vorstellen, dass die
Redaktionen sehr offen für eine Verbesserung ihrer Evergreens sind - und dann auch für eine Nennung Ihres Unternehmens, Ihrer Marke und vielleicht Ihrer Produkte, zum Beispiel in einem schönen
Zitat. Schließlich sind Sie dann ja die Quelle für den Input.
Sollten Sie es in einen Evergreen-Content schaffen, würde ich die Redaktion freundlich um Auskunft zu dessen monatlicher Reichweite bitten. Die kann man dann grundsätzlich so lange ansetzen, wie
das Thema online gleichbleibend nachgefragt wird (siehe Google Trends). Das können Monate oder auch einige Jahre sein. Wie gesagt: Ich habe die Methode noch nie gestetet, würde es aber sofort
ausprobieren, wenn der passende Kunde auftaucht. Denn einen Versuch ist sie allemal wert.
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