Buchtipp Manfred Lütz: Das Leben kann so leicht sein. Lustvoll genießen statt zwanghaft gesund; Günter Ropohl: Besorgnisgesellschaft.
Werbung
Wir können leckeres Essen nur dann genießen, wenn es gesund ist. Das ist ein gesamtgesellschaftliches Problem. Eine neue hedonistische Sicht auf unsere Ernährung muss her. Zwei Buchtipps machen den Anfang: Werbung hier und hier.
Bis dahin gibt es hier einen schnellen Tipp für den Verzehr ungesunder Speisen.
Für den Genuss ungesunder Nahrung braucht es idealerweise die Naivität beim Verzehr. Die Gefahr, die von der schädlichen Zusammensetzung der köstlichen Speisen und Getränke ausgeht, darf nicht ins Bewusstsein treten. Unschuldig frisst der klassische Hedonist.
Die Wiederherstellung der Naivität bei der Ernährung ist dem vom wachsenden Gesundheitswissen behelligten Individuum nicht möglich. Es ist irreversibel aufgeklärt. Im Zuge dieser prinzipiell begrüßenswerten Aufklärung hat sich ein Gesundheitskult herausgebildet, der nicht mehr fragt, ob lebenslange Gesundheit und Fitness um jeden Preis anzustreben sind.
Eine neue Vernunft muss her, die die Enge der bisherigen überwindet. Wie viel Ungesundheit ist mir der Genuss wert? Freiräume könnten helfen, regelmäßig eingeplante Zeiten der kulinarischen Gewissenlosigkeit. Wenn schon fettiges Zeug mit wenig Nährwert, dann bitte ohne Reue, denn gemartert von Schuldgefühlen, macht das Sündigen keinen Spaß.
Neben der psychischen Komponente hat die Nahrungsaufnahme eine soziale. Die anderen beurteilen uns zunehmend anhand unserer Ess- und Trinkgewohnheiten, bewerten Charakter, Intellekt und Bildungshintergrund. Naivität beim Verzehr von auf die Dauer wenig bekömmlichen Lebensmitteln ist in Zeiten der Ökotrophologie eine unsympathische Eigenschaft.
Ein Mensch, der sich mit Pizza, Cola, Döner, Burger und Chips befüllt, ohne den Eindruck zu vermitteln, zu wissen, was er tut, setzt sich dem Vorwurf der infantilen Dummheit aus. Noch nicht richtig zur Welt gekommen, bisschen ungebildet wohl und bald krank.
Die Naivität ist also nicht reaktivierbar und wenn sie es wäre, wäre sie nicht nur aus gesundheitlichen, sondern auch aus Imagegründen nicht zu empfehlen.
Um die Hürde der gesellschaftlichen Sanktion beim ungesunden Essen und Trinken zu umgehen und alles vertilgen zu können, was dem Gaumen frommt und die Krankenkassen zum Schreien bringt, lässt sich Ironie einsetzen. Die Mitteilung „Jetzt brauch ich was zur Arterienverstopfung: eine schöne fettige Pizza und einen halben Liter Cola zum Runterspülen!“ wirkt gebildeter als „Ey, lass uns einfach ne Pizza essen!“, wo man ahnt: Diese gedankenlose, null reflektierende Idee kommt dem Typen (es sind meistens Typen) fünf Mal pro Woche.
Möglicherweise ist aber auch diese Ironie nur der Notausgang unserer kulinarischen Verklemmtheit.
Weiterhelfen können da die beiden Bücher von Werbung Manfred Lütz und Günter Ropohl
Werbung
Kommentar schreiben